Grillen gestern und heute

Achtung, Zeitreise!
Grillen ist und bleibt der deutsche Volkssport Nummer eins. Aber wie gegrillt wird, hat sich stark verändert.
In kaum einem anderen gesellschaftlichen Bereich zeigt sich der Wandel so deutlich wie bei der Grillkultur. Seitdem die Deutschen das Grillen zuzeiten des Wirtschaftswunders als liebste Freizeitbeschäftigung in den Sommermonaten für sich entdeckt haben, ist viel Holzkohle verbrannt worden.
Später haben die Kinder dann zusammen Boccia oder Krocket gespielt, während Väter gerne oberkörperfrei am Schwenkgrill standen und hemmungslos Bier über Würstchen und Koteletts gossen, wie es damals Pflicht war. Die Welt war überschaubar und BBQ ein Fremdwort.


Der Garten und die Terrasse sind die Favoriten
Laut einer aktuellen Umfrage des statistisches Bundesamtes hat sich zumindest an der Beliebtheit nichts verändert: In der Grillsaison greifen heute knapp 40 Prozent der Verbraucher alle zwei Wochen zum Grill, am häufigsten im Garten oder auf der Terrasse. Die Mehrheit der Deutschen läutet die Grillsaison im April ein.
Ganz oben stehen Gas- und der traditionelle Holzkohlegrill
Am häufigsten wird mit dem Gas- und dem Holzkohlegrill gegrillt. Rund 80 Prozent der Verbraucher in Deutschland verfügten 2021 über einen Gasgrill. Beim Holzkohlegrill liegt der Anteil bei 68 Prozent. Im 21. Jahrhundert grillen die Deutschen am liebsten Steak oder Wurst, aber auch Gemüse, Käse, Fisch und Meeresfrüchte landen regelmäßig auf dem Rost. Auch Fleischersatzprodukte haben in den letzten Jahren einen Aufschwung erfahren. Als Beilage wird häufig Brot oder Baguette gewählt, unverzichtbar sind auch Dips, Saucen und verschiedene Salate als Beilage. Als wichtigste Grillsauce wird Ketchup genannt, aber auch Knoblauch- und Barbecuesaucen erfreuen sich großer Beliebtheit. Bei den Dips gehören selbstgemachte Dips, Aioli sowie Dips aus Frischkäse zu den beliebtesten in Deutschland.
Heute grillt man anders als früher
Von der uneingeschränkten Zustimmung zur Bratwurst einmal abgesehen, haben sich viele Grillgewohnheiten über die Jahrzehnte stark verändert. Wie wohl vor 50 Jahren die Reaktionen auf eine Tofuwurst ausgefallen wären? Und wie sollte man den Gästen erklären, dass es heute keinen Käseigel gibt? (Käsewürfel mit Obst wie Ananas, Mandarinen oder Trauben in Kombination mit Herzhaftem wie Gürkchen, Oliven oder Silberzwiebeln und Cocktailwürstchen im Wechsel auf Holzspieße spießen und sie in eine mit Alufolie überzogene Honigmelone stecken) Oder dass den weiblichen Gästen kein „Kullerpfirsich“ (ein reifer, ringsum eingestochener Pfirsich wird in ein großes Glas gegeben und mit eiskaltem Sekt aufgefüllt. Der Pfirsich kullert so lange im Longdrink, bis die Kohlensäure entweicht) serviert wird, sondern Aperol Spritz? Auch die „Fliegenpilze“ (hart gekochtes Ei mit einer Tomatenhaube, verziert mit Mayonnaise-Tüpfchen, präsentiert auf einem Kresserand oder Gemüsebett) würden wohl viele vermissen.
Einfach diesen offenen Raum zu haben, die Freiheit zu spüren und nicht das Abgeschlossene der Wohnung oder des Gastraums in einem Restaurant. Da muss man sich manchmal vorher auch gar nicht so viel bewegt haben, um das zu spüren. Auch die Geräusche und Gerüche in der Natur haben Einfluss auf den Geschmack: „Draußen sind wir anderen Gerüchen und Geräuschen ausgesetzt als drinnen. Der Wind rauscht durch die Blätter, es weht ein Geruch von Wiese um uns herum, die Sonne scheint, wir merken dass der Wind unsere Haut berührt. Essen ist draußen auf jeden Fall ein sehr viel sinnlicheres Erlebnis als in der Wohnung am Esstisch.“
Die Bratwurst ist geblieben
Besonders aber, was das Grill-Equipment angeht, würden wohl nicht nur die Herren große Augen machen. War für die Mehrheit der Deutschen früher ein Cramer-Koffergrill der Inbegriff einer Outdoor-Küche, steht heute nicht selten eine glänzende Edelstahl-Anlage im Garten und die Gastgeber laden zum Barbecue. Statt Kotelett, Wurst, Grillhuhn und Spieße gibt es edle Fleischstücke und exotische Dips. Mit dem Cramer hätte man so etwas nicht hingekriegt, indirektes Grillen war damals unbekannt.
Besser oder schlechter? Das ist nicht die Frage, denn die Zeiten kommen nie wieder zurück – aber die Bratwurst bleibt.
Bild & Text: kult-grill.de